Große Unzufriedenheit haben Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld und hauptamtliche Bürgermeister im Landkreis bei einem Krisengespräch zum Breitbandausbau gegenüber dem verantwortlichen Telekommunikationsunternehmen Deutsche Glasfaser/Inexio zum Ausdruck gebracht. „Mit Con-E hat ein Generalunternehmer die Arbeit niedergelegt. Und wir warten weiter auf einen Bauzeitenplan, auf verlässliche und belastbare Angaben“, sagte Ihlenfeld. Die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis hätten zu Recht viele Fragen zu dem Thema und würden immer wieder vertröstet. „Wir geben Informationen weiter und müssen zusehen, wie sie von der Wirklichkeit überholt und die Termine nicht eingehalten werden“, kritisiert Ihlenfeld. Das sorge – ebenfalls zu Recht – für viel Unmut. „Um ein Bild aus dem Bankenwesen zu verwenden: Der Dispokredit ist aufgebraucht. So geht es nicht weiter“, betonte der Landrat. Derweil hat das Management von Deutsche Glasfaser/Inexio große Probleme und auch Fehler eingeräumt und erneut zugesichert, an Lösungen zu arbeiten.
Zur Erinnerung: Das Ausbauprojekt ist mit rund 45 Millionen Euro von Bund und Land gefördert, weitere fünf Millionen Euro tragen anteilig die Kommunen im Kreis bei. Ziel ist es, Haushalte, die mit einem Datenvolumen von weniger als 30 Megabit pro Sekunde ausgestattet sind, deutlich besser, nämlich mit einem Gigabit pro Sekunde zu versorgen. 9000 Adressen waren ursprünglich betroffen. Sie erhalten kostenlos einen Hausanschluss und können danach frei ihren Telekommunikationsanbieter wählen – soweit andere Anbieter das Netz von Deutsche Glasfaser/Inexio nutzen. Weitere 7000 Adressen kamen als sogenannte B-Adressen hinzu, die nicht unter 30 Mbit/s, aber an der Ausbaustrecke liegen. Sie erhalten mit Abschluss eines Dienstvertrags bei der Deutschen Glasfaser/Inexio ebenfalls einen kostenlosen Hausanschluss, sind dann aber für eine gewisse Zeit an Deutsche Glasfaser/Inexio als Anbieter gebunden.
Der Kreis selbst ist im Kreiscluster genannten 50-Millionen-EuroProjekt Durchgangsstation für die Fördermittel. Der Förderzeitraum des Projekts wurde wegen der zahlreichen Verzögerungen in Planung und Durchführung zunächst bei Inexio und nach der Fusion bei Deutsche Glasfaser/Inexio bis 31. Dezember 2023 verlängert. Eigentlich hätte das Großprojekt bis 31. Dezember 2021 umgesetzt sein sollen. Ein Enddatum, das von den wechselnden Projektverantwortlichen des Telekommunikationsunternehmens mehrfach verschoben wurde.
„Schaffen wir den 31. Dezember 2023? Ich weiß es nicht. Ich sage aber deutlich: Wir werden das Projekt finalisieren“, sagte Ulrich Nitschke, Bereichsleiter Förderung bei der Deutschen Glasfaser/Inexio. Was bis zum Enddatum nicht fertiggestellt sei, „realisieren wir auf eigene Kosten. So sieht es aus, das sind die Regeln“, ergänzte er. Die Sorgen der Verbandsgemeinden und Gemeinden zur Finanzierung und Kostensteigerung sei unbegründet. Er sicherte zu, dass die Kommunen nicht mehr als die bisher vereinbarten Kosten selbst tragen müssen. Das sind insgesamt bis zu fünf Millionen Euro, also zehn Prozent der Fördersumme. Erhält Deutsche Glasfaser/Inexio weniger Fördermittel, weil die Fristen abgelaufen sind, bedeute das laut Nitschke auch weniger Kosten für die Kommunen und keinesfalls mehr. Die zusätzlichen Kosten trage das Unternehmen, weil es die förderfähigen Leistungen nicht rechtzeitig fertiggestellt habe.
Nitschkes Angaben zufolge, sei die Darstellung nicht korrekt, dass Deutsche Glasfaser/Inexio den Generalunternehmer Con-E nicht bezahle und dieser deshalb die Arbeiten bundesweit eingestellt habe. Es sei vielmehr so, dass die Con-E Leistungen, für die das Telekommunikationsunternehmen in Vorleistung getreten war, nicht wie erwartet erbracht und dennoch von Con-E Nachforderungen erhoben worden seien. Durch den nun erfolgten Baustopp, den Con-E eigenmächtig an die Verbandsgemeinden kommuniziert habe, sei „eine Erpressungssituation entstanden“. Dem Generalunternehmer sei bewusst, in was für eine Situation „sie uns als Deutsche Glasfaser/Inexio bringen“. Die Bürger des Landkreises seien hier ein „Kollateralschaden“. Hinzu komme, dass das Gebiet, in dem Con-E aktiv sei, „mittendrin liegt“ im Ausbaugebiet, wie Nitschke erklärte. Heißt, es gibt Lücken im Netz, die aktuell nicht geschlossen werden können, weshalb auch andere Gemeinden nicht ans Netz kommen.
Die Projektverantwortlichen des Telekommunikationsunternehmens suchten inzwischen nach einem neuen Generalunternehmer, müssten aber zunächst Fristen einhalten, um sich von Con-E zu trennen, die bislang auch keine ausreichende Dokumentation vorgelegt hätten, wie Nitschke berichtete. Daher würden parallel auch Drittunternehmen gesucht, die die bisherigen Strecken nachträglich dokumentierten – ein Prozess, der zwingend auch für den Abruf von Fördermitteln notwendig ist.
Derweil hat vergangene Woche auch AK Solution, ein Subunternehmen vom Generalunternehmer Fiberworx, die Arbeit eingestellt. AK Solution habe selbst Fehler gemacht, die Kosten verursacht hätten und diese Kosten dann von Fiberworx ersetzt haben wollen, was der Generalunternehmer abgelehnt habe, so Nitschke. „Wir haben versucht Kompromisse zu finden, gerade wegen der Situation, die wir im Landkreis haben“, erklärte er. Ohne Erfolg. Nun solle für ein Ersatzunternehmen gesorgt werden, aber auch hier stünden noch abzuwartende Fristen aus.
Diese schwierige Gesamtsituation sorge dafür, dass Deutsche Glasfaser/Inexio weiterhin keinen neuen, präzisen Bauzeitenplan bereitstellen könne. Der letzte Bauzeitenplan stammt von November 2022 und war bereits wenige Wochen später schon wieder überholt.
Wiederholte Fragen, warum der eigenwirtschaftliche Ausbau vielerorts deutlich besser laufe als der geförderte, wies Nitschke zurück. „Der finanzielle Druck ist in einem Förderprojekt größer, es ist überhaupt nicht in unserem Interesse, den eigenwirtschaftlichen Ausbau gegenüber dem geförderten zu bevorzugen. Wenn dem so wäre, würde ich meinen Job nicht richtig machen“, versicherte der für die Förderung zuständige Bereichsleiter, der diverse Beschwerden und Kritikpunkte der Verbands- und Stadtbürgermeister aus dem Gespräch mitnahm. Da ging es um unzureichend abgesicherte, verlassene Baustellen, schlechte Kommunikation mit dem Projektleiter vor Ort, Unternehmen in den Gemeinden, die auf die seit Jahren in Aussicht gestellte Internetverbindung angewiesen wären, die Belastung der Verwaltungen, weil Bürger informiert werden wollen und zugleich beim Telekommunikationsunternehmen kaum jemanden erreichen.
Auch nach dem Krisengespräch bleibt im Landkreis die Unzufriedenheit mit der bisher geleisteten Arbeit der Deutschen Glasfaser/Inexio und mit den sehr eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten. „Es muss beim Breitbandausbau endlich weitergehen, es müssen Orte in Betrieb gehen, damit wir endlich sehen, dass die ganze Arbeit nicht vergebens war. Wir brauchen funktionierendes, schnelles Internet“, forderte Landrat Ihlenfeld abschließend unter Zustimmung der Bürgermeister. „Es ist nicht akzeptabel, dass wir weiterhin keinen belastbaren Bauzeitenplan haben. Die juristischen Probleme mit Generaloder Subunternehmen der Deutschen Glasfaser/Inexio dürfen nicht noch länger auf den Schultern der Bürgerinnen und Bürger des Landkreises ausgetragen werden“, sagte Ihlenfeld im Nachgang zur Sitzung. Angesichts der massiven Verzögerungen behält sich der Landkreis juristische Schritte vor.
„Die Gretchenfrage ist weiter unbeantwortet, bis wann der Breitbandausbau im Landkreis endlich abgeschlossen sein wird. Und was tatsächlich passiert, wenn die letzte Frist zum 31. Dezember verstrichen ist. Die Zusagen von Herrn Nitschke wurden von den Bürgermeistern zur Kenntnis genommen. Die Worte hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, sagte Landrat Ihlenfeld nach der Sitzung etwas desillusioniert.
Quelle: Kreisverwaltung Bad Dürkheim vom 04.07.2023